La Svizzera in bici

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Badischer Bf
am Start Badischer Bf in Basel
Anstieg vor Anwil
Jura-Anstieg vor Anwil
Oltingen BL
Oltingen
Blick ins Mittelland
Jura-Höhe Blick ins Mittelland
Vierwaldstätter See
Hergiswil und Vierwaldstätter See
Fähre Beckenried–Gersau
auf Fähre Beckenried–Gersau
Urner See Axenstraße
Urner See Axenstraße
Axenstraße am Urner See
Axenstraße am Urner See
Axenstraße am Urner See 2
Axenstraße am Urner See
Gotthardpass-Pflästerung
Gotthardpass-Pflästerung ab 1900m
HP mit Rad Gotthard Passhöhe
HP mit Rad Gotthard Passhöhe
Gotthard Pflästerung Via Tremola
Gotthard Pflästerung Via Tremola
Radweg südlich von Faido
Radweg südlich von Faido
Pesonico im Tessin
Pesonico im Tessin
Bahnhof in Biasca
Radtour-Ende am Bahnhof in Biasca

Il relazione di viaggio da vedere lungo:

Percorso Nord-Sud route-03
Percorso Nord-Sud
Basel–Chiasso
Al percorso
Basel-Jurahöhe-Olten und Hergiswil-Gotthardpass-Biasca

Basel-Jurahöhe-Olten und Hergiswil-Gotthardpass-Biasca

Nach einigen Jahren Abstinenz kann ich endlich wieder eine Tour durchs „Veloland Schweiz“ unternehmen. Vor sieben Jahren habe ich schon einmal einen Anlauf unternommen, musste aber bei ersten heftigen Anstieg im Jura passen. Es war sehr heiss und ich damals meine grossen Packtaschen mit schlicht zuviel Gepäck dabei.
Nach einigen Jahren Abstinenz kann ich endlich wieder eine Tour durchs „Veloland Schweiz“ unternehmen. Diesmal soll es die „Nord-Süd-Route“ sein: von Basel bis Locarno, wenn alles klappt. Vor sieben Jahren habe ich dazu schon einmal einen Anlauf unternommen, musste aber bei ersten heftigen Anstieg im Jura passen. Es war sehr heiss und enorm schwül, zudem hatte ich damals meine grossen Packtaschen und daher schlicht zuviel Gepäck dabei. Inzwischen habe ich mir für kürzere Toren kleinere Packtaschen zugelegt.

Mein neues Rad selbst kommt auf rund 17 kg. Die gefüllten Packtaschen wiegen zwar nur 9,5 kg, mit weiterer Ladung in der Lenkertasche und auf dem Gepäckträger (inklusive 1,5 Liter Wasser) komme ich aber insgesamt doch auf 14 kg. Mit meiner Wenigkeit sind dann doch insgesamt etwa 125 kg zu bewegen...
1. Tag (Montag, 30.05.) Basel–Liestal–Oltingen
13:50–19:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 3:40 Std. / 46 km / 280 Höhenmeter / wolkenlos, ca. 33 Grad

Mit dem IC ging es wieder mal um 08:53 Uhr von Köln bis Basel Badischer Bahnhof. Die Fahrt verläuft gut.

Bei der Ankunft in Basel um 13:35 Uhr knallt die Sonne vom Himmel, es sind plötzlich (und nur heute) hochsommerliche Temperaturen ausgebrochen – Spitzenwert rund 35 Grad!

Wieder mal ist die Fahrt durch die Basler Altstadt schön. Bei der „Badi“ im St.-Jakob-Park herrscht Massenandrang. Nach gut 10 km lege ich in Muttenz die erste Rast ein. Ich esse ein Eis, genau das richtige bei diesen Temperaturen. Zusätzlich bediene ich mich bei den zahlreichen Brunnen (in der Schweiz überall Trinkwasser!) und habe einen hohen Wasserkonsum. Bei dieser Hitze geht es nur langsam voran. Werde ich trotzdem diesmal die Jurahöhe schaffen? Vor sieben Jahren bin ich hier schon mal wegen der Hitze im Anstieg nach Anwil gescheitert. Allerdings ist es heute nicht so schwül wie damals.

In Liestal verfahre ich mich und drehe eine zweifache Runde durch die hübsche Altstadt. Vor dem „Museum BL“ hätte ich rechts abbiegen müssen.

Jetzt ist es 18 Uhr vorbei - und es ist noch 33 Grad heiss! In Ormalingen verpflege ich mich, wie schon 2004, noch einmal, bevor es jetzt langsam immer mehr bergauf geht. Bald folgt ein Schild „Weg steigt 370 m auf 9 km“. Das ist eigentlich nicht so extrem viel, aber die Anstiege im Jura sind wahrlich heftig! Jetzt bin ich an der Stelle meines damaligen Abbruchs angelangt – der Anstieg vor Anwil. Diesmal gehe ich diesen Kilometer langsamer an und schaffe gerade so im Schieben diese etwa 800 m lange Steigung mit ca. 15 %, bis ich kurz vor dem Ortsschild endlich das Gröbste überstanden habe und dort dringend mal 5 Minuten Pause einlegen muss. Ich bin reichlich platt! Wenn das so weitergeht, werde ich heute kaum noch die Jurahöhe erreichen. Nach Anwil geht es wieder steil bergauf, jedoch wesentlich kürzer. Danach folgt nochmals ein happiger Anstieg, bis ich es bergab nach Oltingen schön rollen lassen kann. Ich überlege mir eine Übernachtung im Ort, aber mir ist als einzige Möglichkeit „Schlaf im Stroh“ bekannt – das liegt mir nicht so. Mir graut es vor den nächsten harten Anstiegen. Außerdem ist es schon 19:30 Uhr. Am Ortsende taucht plötzlich ein Schild „Mini Hotel“ auf – da halte ich sofort an und kann tatsächlich ein Zimmer (60 CHF) ergattern. Das Hotel gibt es erst seit einer Woche und ist Teil des „Rapunzel“-Wohnprojekts für Jugendliche und alte Menschen. Der Hotel-Bereich ist noch entsprechend unfertig, aber ich bin sehr froh, hier unterkommen zu können! Die „Rapunzel“-Leute machen auch einen sehr netten Eindruck. Mein Rad kann ich in einem Lagerraum abstellen.

Der kleine Ort verfügt sogar über zwei Gaststätten. Die erste hat am Montag zwar Ruhetag, aber die „Traube“ ist geöffnet. Dort setze ich mich in den hübschen Biergarten, esse einen leckeren Wursatsalat und lasse den Tag schön ausklingen.
2. Tag (Dienstag, 31.05.) Oltingen–Jurahöhe–Olten (danach im Zug bis Hergiswil)
11:10–13:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 1:26 Std. / 20 km / 254 Höhenmeter / Max. Höhe 810 m / stark bewölkt, leichter Regen, 18–20 Grad

Das Frühstück im „Mini Hotel Rapunzel“ ist einfach, aber voll in Ordnung. Ich kann mir sogar für die Weiterfahrt zusätzlich noch ein paar Brote zubereiten.

Um 10:15 Uhr bin ich schon starklar – für meine Verhältnisse ist das früh. Aber jetzt gerade kommt noch einmal ein Regenschauer. Ich vertreibe mir die Zeit am Haus-PC mit Erkundung der Wetteraussichten. 20 Minuten später will ich wiederum aufbrechen, als es erneut einen Schauer hat. Also noch einmal ein bißchen im Internet surfen. Erst ab Nachmittag werden ergiebige Regenmengen gemeldet. Das Wetter bleibt instabil, aber da es ganz langsam etwas aufhellt, beschließe ich um kurz nach 11 Uhr endlich loszufahren. Ich will heute wenigstens über die Jurahöhe bis Olten kommen.

Direkt am Ortsende von Oltingen geht es gleich wieder bergan. Schon nach 800 m muss ich erstmals vom Rad absteigen und schieben. Die Steigungen sind fast so extrem wie gestern. Mit vielen Pausen und immer wieder Schieben geht es ganz langsam voran. Nach 3,6 km und knapp 40 Minuten Fahr- und Schiebezeit erreiche ich bei 810 m Meereshöhe (mein neuer Radcomputer hat auch eine Höhenmessung) endlich die Jurahöhe und habe einen ersten Blick ins Mittelland.

Vor der Abfahrt ziehe ich meine Windstopper-Jacke an. Das Teil leistet wieder gute Dienste! Es geht flott bergab, zwischendurch nieselt es leicht. In Stüsslingen verlasse ich wegen der zunehmenden Niederschläge für einige Kilometer die offizeille Veloland-Route (nach Aarau) und nehme den direkten Radweg nach Olten. Die Beschilderung ist wieder mal sehr gut, auch wenn man in den grösseren Orten genau aufpassen muss. Der Nieselregen wird zum leichten Dauerregen. 5 km vor Olten ziehe ich die Regenjacke an. Ich kann aber noch fahren ohne durchnässt zu werden. Die Fahrt nach Olten findet auf den letzten Kilometern auf der “Aare-Route“ statt. Schön geht es am Fluss entlang ins Stadtzentrum.

Wetterbedingt verzichte ich jetzt auf die Weiterfahrt durchs Mittelland. Diesen Streckenteil bin ich außerdem schon mehrmals gefahren und kann in daher diesmal auslassen. Ich möchte diesen Abschnitt (von Aarau bis Hergiswil sind es rund 70 km) aber gerne empfehlen, er fährt sich sehr angenehm: vom schönen Aarau weiter durchs stille Suhrental, dann vorbei am Sempacher See, schließlich die tolle Einfahrt entlang der Reuss nach Luzern und weiter nach Hergiswil. Bis Sempach ist die Route recht flach, danach folgen ein paar erträgliche Steigungen.

In Olten verpasse ich knapp den Zug um 13:30 nach Luzern. Schon um 13:49 Uhr gibt es die nächste Verbindung. Da kann man als Deutscher nur vor Neid erblassen! Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist prima gestaltet. Auf der Zugfahrt wird der Regen immer heftiger, in Luzern schüttet es heftig. Ich habe (natürlich!) schnell Anschluss nach Hergiswil, wo ich gegen 16 Uhr ankomme. Ich fahre bei Dauerregen das kurze Stück vom Bahnhof abwärts zum See, dort auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft entlang der Seestraße mehrmals auf und ab. Ich habe mehrere Hotels auch auf meiner vorbereiteten Liste – es spricht mich direkt vor Ort aber keines so richtig an.

Bei der Tourist-Info bekomme ich die Empfehlung, hoch zum Hotel „Roggerli“ zu fahren. Ich hatte auch dieses auf meiner Liste, aber keine Lust auf die steigungsreiche Fahrt. Ich entscheide mich jetzt doch dafür und muss durch den jetzt strömenden Regen kräftig nach oben strampeln. Jetzt fangen meine Schuhe an feucht zu werden. Bei der Ankunft im „Roggerli“ nach knapp 2 km bin ich reichlich durchnäßt. Das Zimmer ist in Ordnung, das Bad geräumig. Es hat zwar keinen Seeblick, aber das spielt für mich keine große Rolle. 120 CHF sind dafür jedoch ein stolzer Preis. Mein Rad kann ich in einem kleinen Unterstand hinterm Haus abstellen.

Die Aussicht vom dazugehörigen Restaurant auf den See ist klasse. Ich esse daher auch hier und bleibe mit den Augen fast ständig am Fenster und der tollen Aussicht kleben. Neben dem Super-Panorama gibt es im Vordergrund die begrünte Einhausung der Gotthard-Autobahn im Ortsgebiet von Hergiswil zu bestaunen – da geht ein Grossteil des Transitverkehrs durch...
3. Tag (Mittwoch, 01.06.) HergiswilBeckenried (Fähre)–Gersau–Brunnen–Flüelen–Altdorf–Bürglen–Altdorf–Erstfeld–Wassen–Göschenen
11:15–20:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 6:05 Std. / 83 km / 1.059 Höhenmeter / Max. Höhe 1.093 m / stark bewölkt, 12–19 Grad

Los geht es bei knapp 13 Grad Außentemperatur. Im Vergleich zu vorgestern ist es damit heute rund 20 Grad kälter! Also ziehe ich die warmen Sachen an. Es geht schön am See entlang Richtung Stansstad und weiter über flaches Gelände nach Buochs und bis Beckenried. Dort gibt es zwei Möglichkeiten zur Überquerung des Vierwaldstätter Sees nach Gersau: die Autofähre und das Personenschiff. Letzteres verpasse ich knapp, also nehme ich um 13 Uhr die schwach genutzte Autofähre. Dort muss ich mich zeitweise sogar in die kleine Passagierkabine zurückziehen, denn der Wind auf dem See ist sehr kalt. Schon ziemlich durchgefroren steige ich in Gersau aus und muss mich dort in einer Gaststätte mit einer Suppe erstmal wieder etwas erwärmen.

Ab Gersau geht es – immer dicht am See entlang weiter bis Brunnen. Endlich wird es etwas milder. Es kommt sogar die Sonne ein wenig hervor. Am Seeufer sitzend nehme ich ein Nussgipfeli und einen Cappucino zu mir. Von hier aus habe ich schon einen guten Blick auf das nördliche Ende der Axenstrasse. Dort herscht der erwartete heftige Autoverkehr, aber man kann bis Flüelen auf dem Fussweg fahren. Alles andere wäre lebensgefährlich. Die Axenstrasse erfüllt alle Erwartungen. Man durchfährt mehrere Tunnel (darunter - auch auf dem Fussweg –beleuchtete Autotunnel mit bis zu 475 m Länge). Es bieten sich immer wieder grandiose Ausblicke! Vor allem südlich von Sisikon, jetzt wird der Radweg mehrmals weg von der Autostrasse auf die alte historische Axenstrasse geführt.

Ab Flüelen geht es wieder durch flachere Landschaft. In Altdorf will ich noch einen Abstecher zum nahen Tell-Denkmal machen. Ich fahre daher ein Stück die Veloland-Route Nr. 4 in Richtung Bürglen. Nach gut einem Kilometer geht es schon spürbar bergauf, bis ich dann schon in Bürglen bin und vor der ersten Serpentine stehe. Ich habe keine Lust auf noch mehr Steigung und fahre wieder zurück. Erst abends beim genauen Blick auf die Karte stelle ich fest, dass ich längst am Tell-Denkmal vorbeigefahren sein muss. Eine gut halbe Stunde Umweg mit einigen Höhenmetern war daher umsonst. Was solls, ich ärgere mich deswegen nicht besonders.

Es geht flach weiter nach Erstfeld. Am Ortsrand liegt die Grossbaustelle am Nordportal des Gotthardbasistunnels. Die Veloroute führt westlich am Zentrum vorbei. Leider finde ich daher am Wegesrand keinen Laden mehr vor um mich noch einmal vor dem Beginn des Anstiegs zum Gotthardpasses zu verpflegen. Mittlerweile ist es schon 17 Uhr. Der Radcomputer zeigt eine Höhe von 479 m an. Es geht noch ein Stück in der Ebene weiter. Erst nach 65 Tagesklometer geht es heftig bergauf. Knapp oberhalb von Amsteg mündet der Veloweg in die Gotthard-Landstrasse. Bei rund 600 m Höhe bin ich schon recht platt. Schaffe ich heute wirklich noch die 500 Höhenmeter bis nach Göschenen?

Mit sehr vielen Pausen und ganz langsamer Fahrt erreiche ich um 19:40 Uhr Wassen. Hier könnte ich mich auch in ein Hotel einquartieren. Aber jetzt sind es „nur“ noch knapp 200 Höhenmeter bis zum gesetzten Tagesziel. Also fahre ich weiter. Um 20:25 Uhr erblicke ich endlich den „Teufelsstein“, den gewaltigen Felsbrocken am Rande von Göschenen. Geschafft! Für die 23 km ab Erstfeld habe ich allerdings fast zweieinhalb Stunden benötigt. Aber ich konnte zumindest immer im ersten Gang fahren, wenn auch zeitweise nur mit 6 km/h.

Auf meiner Liste steht das Hotel „Weisses Rössli“. Gerne quartiere ich mich hier ein. Das Hotel wurde erst vor wenigen Wochen neu eröffnet und macht einen tollen Eindruck. Das schön gesaltete und geräumige Zimmer kostet 80 CHF und bietet damit für Schweizer Verhältnisse ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Mein Rad kann ich in der Garage sicher abstellen. Auch die Küche des Hauses ist hervorragend – das wohlverdiente Abendessen mundet köstlich. Nach einem kleinen Spaziergang geht es mit einem letzten Bier hoch ins Zimmer. Auch das Bett ist ausgesprochen gut.
4. Tag (Mittwoch, 02.06.) Göschenen–(Zug) Andermatt–Gotthardpass–Biasca
11:00–19:00 Uhr / Reine Fahrtzeit 4:40 Std. / 68 km / 742 Höhenmeter / Max. Höhe 2.108 m / 11–24 Grad / bewölkt, kurze sonnige Abschnitte

Der heutige Tag scheint wieder etwas freundlicher zu werden. Während des Frühstücks ist teilweise sogar blauer Himmel zu sehen. Es ist Feiertag. In Deutschland ist es „Christi Himmelfahrt“ in der Schweiz heißt es „Auffahrt“. Wie passend, heute will ich endlich über den Gotthardpass - und ahne noch nicht, dass es mir viele gleichtun werden...

Die Fahrt auf der Autostraße durch die Schöllenenschlucht hoch nach Andermatt sollte sich jeder Velotourist ersparen. Viel zu viel Autoverkehr! Abwärts bin ich die Strecke vor 10 Jahren am Ende meiner Fahrt der „Rhein-Route“ schon mal gefahren. Das ging gerade noch, weil man im motorisierten Verkehr halbwegs mitschwimmen konnte. Aber auch damals war der Verkehr schon extrem dicht.

Am Bahnhof in Göschenen hätte ich den Zug um 11:12 Uhr nach Andermatt noch erreicht, musste aber noch Fahrkarten lösen. Also nehme ich die nächste Fahrt um 11:53 Uhr. Die kurze zehnminütige Zugfahrt durch die Schöllenen ist normalerweise ein besonderes Erlebnis. Aber heute ist es sehr bewölkt oder neblig. Die berühmte Teufelsbrücke über die Reuss ist hinter einer grauen Wand nur zu erahnen.

Auch oben in Andermatt hängen noch einige Wolkenschwaden über dem Ort, aber hier klart es doch zunehmend auf.

Es geht noch 3 km flach bis Hospental, bevor dort der Anstieg zum Gotthardpass beginnt. Wegen des Feiertags sind sehr viele Ausflügler und Kurzurlauber unterwegs, leider massenweise mit Auto und Motorrad, darunter viele auch aus Deutschland. Leider ist etwa jeder zehnte davon auch noch ein Raser – teilweise schießen sie mit ihren Protzkisten nur ganz knapp an mir vorbei. Das nervt gewaltig!

Mit vielen Pausen fahre ich ganz langsam den Pass hoch, oft mit nur 6–7 km/h. Genau an der Kantonsgrenze zum Tessin auf rund 1900 m Höhe zweigt der Veloweg endlich auf die historische Passstraße ab. Schon hier beginnt der gepflasterte Abschnitt. Darüber habe ich mich zwar vorher ausgiebig informiert, aber die Fahrt auf diesem Pflaster habe ich mir dennoch etwas leichter vorgestellt. Nach oben geht es noch, weil ich ja hier sowieso nur langsam vorankommen kann. Auch wenn die Trasse aus historischer Sicht wohl hervorragend hergerichtet wurde – sie lässt sich mit dem Rad leider nicht gut fahren. Außerdem ist sie auch für Motorradfahrer und Autos frei, wird zum Glück von diesen aber nur wenig benutzt.

Um 14:40 Uhr habe ich endlich die Passhöhe erreicht. Mehrere der obligatorischen „Pass-Fotos“ sind jetzt angesagt. Da es zunehmend sonniger und damit auch wärmer wurde, konnte ich sogar mit dem kurzärmligen Trikot bis nach oben fahren. Hier oben herrscht aber relativ viel Trubel, also fahre ich recht schnell weiter – und vergesse wie schon vor 10 Jahren am Oberalppass – wieder mal mir einen Pass-Aufkleber fürs Fahrrad zu kaufen. Was solls ...

Jetzt geht es abwärts auf der Via Tremola. Trotz meiner breiten 42er Reifen kann ich nur ganz langsam und stark gebremst mit etwa 12 km/h nach unten rollen. Die Pflästerung ist doch teilweise sehr grob, und ich will mir keinen Speichenbruch holen. Extreme Vorsicht ist geboten! Die Abfahrt durch die Via Tremola möchte ich daher als durchaus mühselig und auch gefährlich bezeichnen. Furchtbar holprig geht es dahin! Endlich, auf rund 1700 m hört die Pflästerung auf. Jetzt rollt es! Allerdings folgen doch noch ein paar gepflästerte Abschnitte, auf denen nochmal Aufpassen angesagt ist.

Ich erreiche Airolo und genieße in der Sonne einen Cappuccino und ein Kuchenstück. Bald geht es weiter, jetzt auch wieder mal eben, mal deutlich bergab – jedoch mit starkem Gegenwind! Der lässt erst ab etwa Faido wieder nach. Jetzt wird es auch zusehends südlicher. Ich ziehe noch einmal die kurze Hose an und genieße das schon etwas mediterrane Klima. Einfach schön!

Ich ereiche das hübsche Dorf Personico und versorge mich dort am Brunnen noch einmal mit Trinkwasser. Da es schon 18:30 Uhr ist, beschliesse ich meine Tour in Biasca zu beenden und mir dort ein Quartier zu suchen.

Auf dem letzten Kilometer erwischt mich noch ein heftiger Gewitterschauer. Zum Glück hat das Hotel „Al Giardinetto“ noch ein Zimmer frei (105 CHF). Auch hier kann ich mein Rad in der Garage abstellen. Meine Fahrt auf der „Nord-Süd-Route“ endet damit etwa 40 km vor dem geplanten Ziel in Locarno. Aber dass wesentliche habe ich doch geschafft: die Überquerung der Alpen mit dem Rad.

Nach der abendlichen Dusche und einem kleinen Spaziergang lasse ich den Tag im Ristorante des Hotels gemütlich ausklingen. Da es längst wieder zu regnen aufgehört hat, kann ich den Abend draussen sitzen.

Mein Zimmer liegt zur Strasse hin. Also muss ich wegen des einsetzenden Verkehrs ab etwa 6 Uhr das Fenster schließen. Nach dem Frühstück geht es um halb zehn nur noch zum Bahnhof. Nach dem Tour-Abschlussfoto ziehe ich fürs Rad und mich die Tickets am Automaten, bevor pünktlich um 10:18 Uhr der Interregio nach Basel einfährt. Die Rückfahrt über die Gotthardstrecke ist wieder mal ein Hochgenuss. Auch die Weiterfahrt bis Köln klappte gut.

Leider waren die vier Tage (und ein Tag reine Rückfahrt mit dem Zug) wieder sehr schnell vergangen. Aber ich will auf jeden Fall möglichst bald wieder im „Veloland-Schweiz“ eine Tour unternehmen. Ich denke jetzt schon an eine Fahrt nächstes Jahr entlang der „Graubünden-Route“ von Chur über den San-Bernadino-Pass und weiter bis Locarno. Wenn ich es dieses Mal nicht bis dorthin geschafft habe, dann eben auf der nächsten Tour!
Nach einigen Jahren Abstinenz kann ich endlich wieder eine Tour durchs „Veloland Schweiz“ unternehmen. Vor sieben Jahren habe ich schon einmal einen Anlauf unternommen, musste aber bei ersten heftigen Anstieg im Jura passen. Es war sehr heiss und ich damals meine grossen Packtaschen mit schlicht zuviel Gepäck dabei.
Nach einigen Jahren Abstinenz kann ich endlich wieder eine Tour durchs „Veloland Schweiz“ unternehmen. Diesmal soll es die „Nord-Süd-Route“ sein: von Basel bis Locarno, wenn alles klappt. Vor sieben Jahren habe ich dazu schon einmal einen Anlauf unternommen, musste aber bei ersten heftigen Anstieg im Jura passen. Es war sehr heiss und enorm schwül, zudem hatte ich damals meine grossen Packtaschen und daher schlicht zuviel Gepäck dabei. Inzwischen habe ich mir für kürzere Toren kleinere Packtaschen zugelegt.

Mein neues Rad selbst kommt auf rund 17 kg. Die gefüllten Packtaschen wiegen zwar nur 9,5 kg, mit weiterer Ladung in der Lenkertasche und auf dem Gepäckträger (inklusive 1,5 Liter Wasser) komme ich aber insgesamt doch auf 14 kg. Mit meiner Wenigkeit sind dann doch insgesamt etwa 125 kg zu bewegen...
1. Tag (Montag, 30.05.) Basel–Liestal–Oltingen
13:50–19:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 3:40 Std. / 46 km / 280 Höhenmeter / wolkenlos, ca. 33 Grad

Mit dem IC ging es wieder mal um 08:53 Uhr von Köln bis Basel Badischer Bahnhof. Die Fahrt verläuft gut.

Bei der Ankunft in Basel um 13:35 Uhr knallt die Sonne vom Himmel, es sind plötzlich (und nur heute) hochsommerliche Temperaturen ausgebrochen – Spitzenwert rund 35 Grad!

Wieder mal ist die Fahrt durch die Basler Altstadt schön. Bei der „Badi“ im St.-Jakob-Park herrscht Massenandrang. Nach gut 10 km lege ich in Muttenz die erste Rast ein. Ich esse ein Eis, genau das richtige bei diesen Temperaturen. Zusätzlich bediene ich mich bei den zahlreichen Brunnen (in der Schweiz überall Trinkwasser!) und habe einen hohen Wasserkonsum. Bei dieser Hitze geht es nur langsam voran. Werde ich trotzdem diesmal die Jurahöhe schaffen? Vor sieben Jahren bin ich hier schon mal wegen der Hitze im Anstieg nach Anwil gescheitert. Allerdings ist es heute nicht so schwül wie damals.

In Liestal verfahre ich mich und drehe eine zweifache Runde durch die hübsche Altstadt. Vor dem „Museum BL“ hätte ich rechts abbiegen müssen.

Jetzt ist es 18 Uhr vorbei - und es ist noch 33 Grad heiss! In Ormalingen verpflege ich mich, wie schon 2004, noch einmal, bevor es jetzt langsam immer mehr bergauf geht. Bald folgt ein Schild „Weg steigt 370 m auf 9 km“. Das ist eigentlich nicht so extrem viel, aber die Anstiege im Jura sind wahrlich heftig! Jetzt bin ich an der Stelle meines damaligen Abbruchs angelangt – der Anstieg vor Anwil. Diesmal gehe ich diesen Kilometer langsamer an und schaffe gerade so im Schieben diese etwa 800 m lange Steigung mit ca. 15 %, bis ich kurz vor dem Ortsschild endlich das Gröbste überstanden habe und dort dringend mal 5 Minuten Pause einlegen muss. Ich bin reichlich platt! Wenn das so weitergeht, werde ich heute kaum noch die Jurahöhe erreichen. Nach Anwil geht es wieder steil bergauf, jedoch wesentlich kürzer. Danach folgt nochmals ein happiger Anstieg, bis ich es bergab nach Oltingen schön rollen lassen kann. Ich überlege mir eine Übernachtung im Ort, aber mir ist als einzige Möglichkeit „Schlaf im Stroh“ bekannt – das liegt mir nicht so. Mir graut es vor den nächsten harten Anstiegen. Außerdem ist es schon 19:30 Uhr. Am Ortsende taucht plötzlich ein Schild „Mini Hotel“ auf – da halte ich sofort an und kann tatsächlich ein Zimmer (60 CHF) ergattern. Das Hotel gibt es erst seit einer Woche und ist Teil des „Rapunzel“-Wohnprojekts für Jugendliche und alte Menschen. Der Hotel-Bereich ist noch entsprechend unfertig, aber ich bin sehr froh, hier unterkommen zu können! Die „Rapunzel“-Leute machen auch einen sehr netten Eindruck. Mein Rad kann ich in einem Lagerraum abstellen.

Der kleine Ort verfügt sogar über zwei Gaststätten. Die erste hat am Montag zwar Ruhetag, aber die „Traube“ ist geöffnet. Dort setze ich mich in den hübschen Biergarten, esse einen leckeren Wursatsalat und lasse den Tag schön ausklingen.
2. Tag (Dienstag, 31.05.) Oltingen–Jurahöhe–Olten (danach im Zug bis Hergiswil)
11:10–13:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 1:26 Std. / 20 km / 254 Höhenmeter / Max. Höhe 810 m / stark bewölkt, leichter Regen, 18–20 Grad

Das Frühstück im „Mini Hotel Rapunzel“ ist einfach, aber voll in Ordnung. Ich kann mir sogar für die Weiterfahrt zusätzlich noch ein paar Brote zubereiten.

Um 10:15 Uhr bin ich schon starklar – für meine Verhältnisse ist das früh. Aber jetzt gerade kommt noch einmal ein Regenschauer. Ich vertreibe mir die Zeit am Haus-PC mit Erkundung der Wetteraussichten. 20 Minuten später will ich wiederum aufbrechen, als es erneut einen Schauer hat. Also noch einmal ein bißchen im Internet surfen. Erst ab Nachmittag werden ergiebige Regenmengen gemeldet. Das Wetter bleibt instabil, aber da es ganz langsam etwas aufhellt, beschließe ich um kurz nach 11 Uhr endlich loszufahren. Ich will heute wenigstens über die Jurahöhe bis Olten kommen.

Direkt am Ortsende von Oltingen geht es gleich wieder bergan. Schon nach 800 m muss ich erstmals vom Rad absteigen und schieben. Die Steigungen sind fast so extrem wie gestern. Mit vielen Pausen und immer wieder Schieben geht es ganz langsam voran. Nach 3,6 km und knapp 40 Minuten Fahr- und Schiebezeit erreiche ich bei 810 m Meereshöhe (mein neuer Radcomputer hat auch eine Höhenmessung) endlich die Jurahöhe und habe einen ersten Blick ins Mittelland.

Vor der Abfahrt ziehe ich meine Windstopper-Jacke an. Das Teil leistet wieder gute Dienste! Es geht flott bergab, zwischendurch nieselt es leicht. In Stüsslingen verlasse ich wegen der zunehmenden Niederschläge für einige Kilometer die offizeille Veloland-Route (nach Aarau) und nehme den direkten Radweg nach Olten. Die Beschilderung ist wieder mal sehr gut, auch wenn man in den grösseren Orten genau aufpassen muss. Der Nieselregen wird zum leichten Dauerregen. 5 km vor Olten ziehe ich die Regenjacke an. Ich kann aber noch fahren ohne durchnässt zu werden. Die Fahrt nach Olten findet auf den letzten Kilometern auf der “Aare-Route“ statt. Schön geht es am Fluss entlang ins Stadtzentrum.

Wetterbedingt verzichte ich jetzt auf die Weiterfahrt durchs Mittelland. Diesen Streckenteil bin ich außerdem schon mehrmals gefahren und kann in daher diesmal auslassen. Ich möchte diesen Abschnitt (von Aarau bis Hergiswil sind es rund 70 km) aber gerne empfehlen, er fährt sich sehr angenehm: vom schönen Aarau weiter durchs stille Suhrental, dann vorbei am Sempacher See, schließlich die tolle Einfahrt entlang der Reuss nach Luzern und weiter nach Hergiswil. Bis Sempach ist die Route recht flach, danach folgen ein paar erträgliche Steigungen.

In Olten verpasse ich knapp den Zug um 13:30 nach Luzern. Schon um 13:49 Uhr gibt es die nächste Verbindung. Da kann man als Deutscher nur vor Neid erblassen! Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist prima gestaltet. Auf der Zugfahrt wird der Regen immer heftiger, in Luzern schüttet es heftig. Ich habe (natürlich!) schnell Anschluss nach Hergiswil, wo ich gegen 16 Uhr ankomme. Ich fahre bei Dauerregen das kurze Stück vom Bahnhof abwärts zum See, dort auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft entlang der Seestraße mehrmals auf und ab. Ich habe mehrere Hotels auch auf meiner vorbereiteten Liste – es spricht mich direkt vor Ort aber keines so richtig an.

Bei der Tourist-Info bekomme ich die Empfehlung, hoch zum Hotel „Roggerli“ zu fahren. Ich hatte auch dieses auf meiner Liste, aber keine Lust auf die steigungsreiche Fahrt. Ich entscheide mich jetzt doch dafür und muss durch den jetzt strömenden Regen kräftig nach oben strampeln. Jetzt fangen meine Schuhe an feucht zu werden. Bei der Ankunft im „Roggerli“ nach knapp 2 km bin ich reichlich durchnäßt. Das Zimmer ist in Ordnung, das Bad geräumig. Es hat zwar keinen Seeblick, aber das spielt für mich keine große Rolle. 120 CHF sind dafür jedoch ein stolzer Preis. Mein Rad kann ich in einem kleinen Unterstand hinterm Haus abstellen.

Die Aussicht vom dazugehörigen Restaurant auf den See ist klasse. Ich esse daher auch hier und bleibe mit den Augen fast ständig am Fenster und der tollen Aussicht kleben. Neben dem Super-Panorama gibt es im Vordergrund die begrünte Einhausung der Gotthard-Autobahn im Ortsgebiet von Hergiswil zu bestaunen – da geht ein Grossteil des Transitverkehrs durch...
3. Tag (Mittwoch, 01.06.) HergiswilBeckenried (Fähre)–Gersau–Brunnen–Flüelen–Altdorf–Bürglen–Altdorf–Erstfeld–Wassen–Göschenen
11:15–20:30 Uhr / Reine Fahrtzeit 6:05 Std. / 83 km / 1.059 Höhenmeter / Max. Höhe 1.093 m / stark bewölkt, 12–19 Grad

Los geht es bei knapp 13 Grad Außentemperatur. Im Vergleich zu vorgestern ist es damit heute rund 20 Grad kälter! Also ziehe ich die warmen Sachen an. Es geht schön am See entlang Richtung Stansstad und weiter über flaches Gelände nach Buochs und bis Beckenried. Dort gibt es zwei Möglichkeiten zur Überquerung des Vierwaldstätter Sees nach Gersau: die Autofähre und das Personenschiff. Letzteres verpasse ich knapp, also nehme ich um 13 Uhr die schwach genutzte Autofähre. Dort muss ich mich zeitweise sogar in die kleine Passagierkabine zurückziehen, denn der Wind auf dem See ist sehr kalt. Schon ziemlich durchgefroren steige ich in Gersau aus und muss mich dort in einer Gaststätte mit einer Suppe erstmal wieder etwas erwärmen.

Ab Gersau geht es – immer dicht am See entlang weiter bis Brunnen. Endlich wird es etwas milder. Es kommt sogar die Sonne ein wenig hervor. Am Seeufer sitzend nehme ich ein Nussgipfeli und einen Cappucino zu mir. Von hier aus habe ich schon einen guten Blick auf das nördliche Ende der Axenstrasse. Dort herscht der erwartete heftige Autoverkehr, aber man kann bis Flüelen auf dem Fussweg fahren. Alles andere wäre lebensgefährlich. Die Axenstrasse erfüllt alle Erwartungen. Man durchfährt mehrere Tunnel (darunter - auch auf dem Fussweg –beleuchtete Autotunnel mit bis zu 475 m Länge). Es bieten sich immer wieder grandiose Ausblicke! Vor allem südlich von Sisikon, jetzt wird der Radweg mehrmals weg von der Autostrasse auf die alte historische Axenstrasse geführt.

Ab Flüelen geht es wieder durch flachere Landschaft. In Altdorf will ich noch einen Abstecher zum nahen Tell-Denkmal machen. Ich fahre daher ein Stück die Veloland-Route Nr. 4 in Richtung Bürglen. Nach gut einem Kilometer geht es schon spürbar bergauf, bis ich dann schon in Bürglen bin und vor der ersten Serpentine stehe. Ich habe keine Lust auf noch mehr Steigung und fahre wieder zurück. Erst abends beim genauen Blick auf die Karte stelle ich fest, dass ich längst am Tell-Denkmal vorbeigefahren sein muss. Eine gut halbe Stunde Umweg mit einigen Höhenmetern war daher umsonst. Was solls, ich ärgere mich deswegen nicht besonders.

Es geht flach weiter nach Erstfeld. Am Ortsrand liegt die Grossbaustelle am Nordportal des Gotthardbasistunnels. Die Veloroute führt westlich am Zentrum vorbei. Leider finde ich daher am Wegesrand keinen Laden mehr vor um mich noch einmal vor dem Beginn des Anstiegs zum Gotthardpasses zu verpflegen. Mittlerweile ist es schon 17 Uhr. Der Radcomputer zeigt eine Höhe von 479 m an. Es geht noch ein Stück in der Ebene weiter. Erst nach 65 Tagesklometer geht es heftig bergauf. Knapp oberhalb von Amsteg mündet der Veloweg in die Gotthard-Landstrasse. Bei rund 600 m Höhe bin ich schon recht platt. Schaffe ich heute wirklich noch die 500 Höhenmeter bis nach Göschenen?

Mit sehr vielen Pausen und ganz langsamer Fahrt erreiche ich um 19:40 Uhr Wassen. Hier könnte ich mich auch in ein Hotel einquartieren. Aber jetzt sind es „nur“ noch knapp 200 Höhenmeter bis zum gesetzten Tagesziel. Also fahre ich weiter. Um 20:25 Uhr erblicke ich endlich den „Teufelsstein“, den gewaltigen Felsbrocken am Rande von Göschenen. Geschafft! Für die 23 km ab Erstfeld habe ich allerdings fast zweieinhalb Stunden benötigt. Aber ich konnte zumindest immer im ersten Gang fahren, wenn auch zeitweise nur mit 6 km/h.

Auf meiner Liste steht das Hotel „Weisses Rössli“. Gerne quartiere ich mich hier ein. Das Hotel wurde erst vor wenigen Wochen neu eröffnet und macht einen tollen Eindruck. Das schön gesaltete und geräumige Zimmer kostet 80 CHF und bietet damit für Schweizer Verhältnisse ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Mein Rad kann ich in der Garage sicher abstellen. Auch die Küche des Hauses ist hervorragend – das wohlverdiente Abendessen mundet köstlich. Nach einem kleinen Spaziergang geht es mit einem letzten Bier hoch ins Zimmer. Auch das Bett ist ausgesprochen gut.
4. Tag (Mittwoch, 02.06.) Göschenen–(Zug) Andermatt–Gotthardpass–Biasca
11:00–19:00 Uhr / Reine Fahrtzeit 4:40 Std. / 68 km / 742 Höhenmeter / Max. Höhe 2.108 m / 11–24 Grad / bewölkt, kurze sonnige Abschnitte

Der heutige Tag scheint wieder etwas freundlicher zu werden. Während des Frühstücks ist teilweise sogar blauer Himmel zu sehen. Es ist Feiertag. In Deutschland ist es „Christi Himmelfahrt“ in der Schweiz heißt es „Auffahrt“. Wie passend, heute will ich endlich über den Gotthardpass - und ahne noch nicht, dass es mir viele gleichtun werden...

Die Fahrt auf der Autostraße durch die Schöllenenschlucht hoch nach Andermatt sollte sich jeder Velotourist ersparen. Viel zu viel Autoverkehr! Abwärts bin ich die Strecke vor 10 Jahren am Ende meiner Fahrt der „Rhein-Route“ schon mal gefahren. Das ging gerade noch, weil man im motorisierten Verkehr halbwegs mitschwimmen konnte. Aber auch damals war der Verkehr schon extrem dicht.

Am Bahnhof in Göschenen hätte ich den Zug um 11:12 Uhr nach Andermatt noch erreicht, musste aber noch Fahrkarten lösen. Also nehme ich die nächste Fahrt um 11:53 Uhr. Die kurze zehnminütige Zugfahrt durch die Schöllenen ist normalerweise ein besonderes Erlebnis. Aber heute ist es sehr bewölkt oder neblig. Die berühmte Teufelsbrücke über die Reuss ist hinter einer grauen Wand nur zu erahnen.

Auch oben in Andermatt hängen noch einige Wolkenschwaden über dem Ort, aber hier klart es doch zunehmend auf.

Es geht noch 3 km flach bis Hospental, bevor dort der Anstieg zum Gotthardpass beginnt. Wegen des Feiertags sind sehr viele Ausflügler und Kurzurlauber unterwegs, leider massenweise mit Auto und Motorrad, darunter viele auch aus Deutschland. Leider ist etwa jeder zehnte davon auch noch ein Raser – teilweise schießen sie mit ihren Protzkisten nur ganz knapp an mir vorbei. Das nervt gewaltig!

Mit vielen Pausen fahre ich ganz langsam den Pass hoch, oft mit nur 6–7 km/h. Genau an der Kantonsgrenze zum Tessin auf rund 1900 m Höhe zweigt der Veloweg endlich auf die historische Passstraße ab. Schon hier beginnt der gepflasterte Abschnitt. Darüber habe ich mich zwar vorher ausgiebig informiert, aber die Fahrt auf diesem Pflaster habe ich mir dennoch etwas leichter vorgestellt. Nach oben geht es noch, weil ich ja hier sowieso nur langsam vorankommen kann. Auch wenn die Trasse aus historischer Sicht wohl hervorragend hergerichtet wurde – sie lässt sich mit dem Rad leider nicht gut fahren. Außerdem ist sie auch für Motorradfahrer und Autos frei, wird zum Glück von diesen aber nur wenig benutzt.

Um 14:40 Uhr habe ich endlich die Passhöhe erreicht. Mehrere der obligatorischen „Pass-Fotos“ sind jetzt angesagt. Da es zunehmend sonniger und damit auch wärmer wurde, konnte ich sogar mit dem kurzärmligen Trikot bis nach oben fahren. Hier oben herrscht aber relativ viel Trubel, also fahre ich recht schnell weiter – und vergesse wie schon vor 10 Jahren am Oberalppass – wieder mal mir einen Pass-Aufkleber fürs Fahrrad zu kaufen. Was solls ...

Jetzt geht es abwärts auf der Via Tremola. Trotz meiner breiten 42er Reifen kann ich nur ganz langsam und stark gebremst mit etwa 12 km/h nach unten rollen. Die Pflästerung ist doch teilweise sehr grob, und ich will mir keinen Speichenbruch holen. Extreme Vorsicht ist geboten! Die Abfahrt durch die Via Tremola möchte ich daher als durchaus mühselig und auch gefährlich bezeichnen. Furchtbar holprig geht es dahin! Endlich, auf rund 1700 m hört die Pflästerung auf. Jetzt rollt es! Allerdings folgen doch noch ein paar gepflästerte Abschnitte, auf denen nochmal Aufpassen angesagt ist.

Ich erreiche Airolo und genieße in der Sonne einen Cappuccino und ein Kuchenstück. Bald geht es weiter, jetzt auch wieder mal eben, mal deutlich bergab – jedoch mit starkem Gegenwind! Der lässt erst ab etwa Faido wieder nach. Jetzt wird es auch zusehends südlicher. Ich ziehe noch einmal die kurze Hose an und genieße das schon etwas mediterrane Klima. Einfach schön!

Ich ereiche das hübsche Dorf Personico und versorge mich dort am Brunnen noch einmal mit Trinkwasser. Da es schon 18:30 Uhr ist, beschliesse ich meine Tour in Biasca zu beenden und mir dort ein Quartier zu suchen.

Auf dem letzten Kilometer erwischt mich noch ein heftiger Gewitterschauer. Zum Glück hat das Hotel „Al Giardinetto“ noch ein Zimmer frei (105 CHF). Auch hier kann ich mein Rad in der Garage abstellen. Meine Fahrt auf der „Nord-Süd-Route“ endet damit etwa 40 km vor dem geplanten Ziel in Locarno. Aber dass wesentliche habe ich doch geschafft: die Überquerung der Alpen mit dem Rad.

Nach der abendlichen Dusche und einem kleinen Spaziergang lasse ich den Tag im Ristorante des Hotels gemütlich ausklingen. Da es längst wieder zu regnen aufgehört hat, kann ich den Abend draussen sitzen.

Mein Zimmer liegt zur Strasse hin. Also muss ich wegen des einsetzenden Verkehrs ab etwa 6 Uhr das Fenster schließen. Nach dem Frühstück geht es um halb zehn nur noch zum Bahnhof. Nach dem Tour-Abschlussfoto ziehe ich fürs Rad und mich die Tickets am Automaten, bevor pünktlich um 10:18 Uhr der Interregio nach Basel einfährt. Die Rückfahrt über die Gotthardstrecke ist wieder mal ein Hochgenuss. Auch die Weiterfahrt bis Köln klappte gut.

Leider waren die vier Tage (und ein Tag reine Rückfahrt mit dem Zug) wieder sehr schnell vergangen. Aber ich will auf jeden Fall möglichst bald wieder im „Veloland-Schweiz“ eine Tour unternehmen. Ich denke jetzt schon an eine Fahrt nächstes Jahr entlang der „Graubünden-Route“ von Chur über den San-Bernadino-Pass und weiter bis Locarno. Wenn ich es dieses Mal nicht bis dorthin geschafft habe, dann eben auf der nächsten Tour!

Il relazione di viaggio da vedere lungo:

Percorso Nord-Sud route-03
Percorso Nord-Sud
Basel–Chiasso
Al percorso