«SchweizMobil ist europaweit einzigartig»

Lukas, letzten Monat warst du im holländischen Arnhem-Njimegen an der «Velo-City 2017», der weltweit grössten Velokonferenz. Welche weiteren Länder hast du als SchweizMobil-Projektleiter bereits besucht?
Lukas Stadtherr: Ich war schon in über 15 Ländern beratend tätig oder habe Vorträge gehalten. Darunter Frankreich, Dänemark, Österreich, Tschechien, Island – oder Québec in Kanada, wo der Austausch sehr eng ist. Eine besondere Ehre war auch der Auftritt am Weltverkehrsforum (ITF) in Leipzig, das als «WEF für den Verkehr» gilt. Unser Geschäftsführer wurde sogar schon nach Südkorea eingeladen.

Was haben Südkorea oder Kanada mit SchweizMobil zu tun?

Südkorea hat in den letzten Jahren viele Velowege gebaut. Die Regierung machte eine weltweite Analyse, erachtete SchweizMobil als bestes Beispiel, und wollte analog dazu ein «SüdkoreaMobil» auf die Beine stellen. Sie fragte uns deshalb um Rat. Mit der Organisation Vélo Québec pflegt SchweizMobil seit vielen Jahren einen guten Kontakt. Was die Schweiz für Europa ist, ist die grösste Provinz Kanadas für ganz Nordamerika.

Wie ist das genau zu verstehen?

SchweizMobil ist mit seinem signalisierten Routennetz und der einheitlichen, nationalen Kommunikation aller Angebote europaweit einzigartig. Vélo Québec ist dies in Kanada und den USA. Die Organisation steht oft vor gleichen Herausforderungen wie wir, es ist deshalb ein spannender Austausch auf Augenhöhe.

Was sind die Ziele, die du und die Stiftung SchweizMobil im Ausland verfolgen?

Gar keine. Im Fokus steht die Koordination und Weiterentwicklung von SchweizMobil.

Trotzdem bist du regelmässig beruflich im Ausland unterwegs.

Ja, aber wir bewerben uns nicht aktiv für Projekte. Wenn man uns anfragt, teilen wir gerne unsere Erfahrungen. Wir sind reaktiv, aber nicht proaktiv in diesem Bereich.

Was überrascht andere Länder jeweils am meisten, wenn du im Rahmen von Präsentationen oder Workshops über deine Arbeit bei SchweizMobil sprichst?

Die Kontinuität und die Nachhaltigkeit. Alle Partner ziehen am gleichen Strang – und das seit 20 Jahren. Dank unseres breiten Netzwerks und der guten Zusammenarbeit mit Bund, Kantonen, Regionen sowie privaten Partnern wurde etwas Einzigartiges geschaffen. Das wäre in vielen Ländern undenkbar. Der Aufbau vom Veloland und von SchweizMobil brauchte natürlich einen langen Atem. Sowas geht nicht in einer Hau-Ruck-Aktion, wie sich das gewisse Länder erhoffen. Immer wieder staunen andere, wie organisiert wir sind. Aber das ist wohl auch eine Frage der Mentalität.

Und was können wir perfekt organisierten Schweizer vom Ausland lernen? Wo ist man uns voraus?
Im Bereich Infrastruktur hinken wir teilweise noch hinterher. Bei uns gibt es etwa im Veloland nur selten Bereiche, wo eine lange Strecke ausschliesslich für Velos reserviert ist. Das liegt natürlich auch daran, dass bei uns alles etwas enger ist als beispielsweise in Frankreich.

Wenn wir schon von langen Velorouten sprechen. Beim Projekt EuroVelo, ein Netzwerk mit 15 Langstreckenvelowegen durch Europa, war SchweizMobil von Anfang an dabei.

Das stimmt, wir waren am Aufbau beteiligt. Ich bin Mitbegründer des EuroVelo Council, einem Strategiegremium zur Entwicklung europäischer Fernradrouten. Im Kontext von EuroVelo konnte ich die Schweizer Interessen wahren und viele Spielregeln mit definieren, etwa im Bereich Webarchitektur und Organisation. Diese betreffen auch die Schweiz. Im Bereich Signalisation der internationalen EuroVelo-Routen haben wir ebenfalls eine Lösung entwickelt, die auf den Erfahrungen von SchweizMobil basiert. Als roter Faden wird für jede EuroVelo-Route ein Routenfeld in die Velosignalistaion der Länder eingefügt. So konnte der Anpassungsaufwand für die Signalisation der internationalen Routen in der Schweiz klein gehalten werden. Diese Lösung wird bereits von mehr als zehn Ländern umgesetzt. Das Veloland Schweiz ist also bestens mit dem europäischen Netz verbunden.

Hast du denn eine Lieblingsroute durch Europa?

Die EuroVelo-Route Nummer 6, welche vom Atlantik ans Schwarze Meer führt, habe ich etappenweise schon befahren. Das würde ich sehr gerne wiederholen.

Zum Schluss: Was gefällt dir an deinen Einsätzen im Ausland am meisten?

Da möchte ich nochmals auf den Anfang zurückkommen, auf die «Velo City»: In Holland hat das Velo bekanntlich einen extrem hohen Stellenwert, vor allem im Alltag. Man hat dort sehr viel Mut, in Projekte zu investieren. Meine Arbeit im Ausland ist für mich deshalb vor allem eines: Inspiration!